Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung liegt der Evaluationsbericht der Bundesregierung den Parlamentariern nunmehr vor. Dem Bundesverband Crowdfunding eV sind die wesentlichen Ergebnisse der Evaluation bekannt und bereitet dazu eine Stellungnahme vor.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt (wie immer mit einem sehr kreativen Titel):

Eigentlich sollte der Bericht schon im Herbst 2016 kommen. Doch es gab Verzögerungen, so dass ihn die Bundesregierung erst jetzt an den Bundestag weitergab. Vor allem die Crowdfunding-Branche hoffte, dass die Evaluation zu Erleichterungen für sie führt. Die Bundesregierung hat diese Hoffnung aber kaum erfüllt. Crowd-Projekte sind bislang bis zu einem Volumen von 2,5 Millionen Euro von der Prospektpflicht ausgenommen. Ein solcher Prospekt kostet meist eine fünfstellige Euro-Summe. Die Crowd-Branche hätte gerne einen höheren Schwellenwert gesehen, um das eigene Wachstum zu fördern. Die Evaluation lehnt das als (vorerst) unnötig ab.

Die Regierung erwägt laut dem Bericht außerdem, sämtliche Crowd-Immobilienprojekte dazu zu verpflichten, einen Prospekt zu veröffentlichen. Bisher gilt für sie dieselbe Grenze wie für andere Crowd-Projekte: 2,5 Millionen Euro. Der Vorschlag könnte Immobilienprojekte unrentabel machen oder sie zumindest sehr viel Geld kosten, da ein Prospekt viel Geld verschlingt. Dieser Vorschlag ist sehr relevant für die Crowd-Branche, weil die Immobilien-Projekte zurzeit das Wachstum treiben, während das Volumen der Crowd-Start-ups stagniert. Etwa ein Drittel aller Projekte sind bereits aus dem Immobilienbereich.

Die Befreiung von der Prospektpflicht hätte die Crowd-Branche gerne auf andere Anlagen wie Genussrechte ausgeweitet. Bisher gilt sie nur für sogenannte Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen. Im Bericht steht jedoch: “Die geltende Rechtslage sollte zunächst beibehalten werden.” Einschränkend heißt es nur: “Das schließt nicht aus, dass erneut darüber nachgedacht werden sollte.”

Start-ups kritisieren, dass sie umfangreiche und teure Prospekte vorlegen sollen
Es gibt auch einen Pluspunkt für die Crowd-Branche: Auf EU-Ebene ist man sich wohl einig darüber, dass künftig Wertpapieremissionen bis zu einer Million Euro im Jahr von der Prospektpflicht ausgenommen werden sollen. Die Branche begrüßt das, sie hält Wertpapiere, etwa Aktien, für besser geeignet als die bisherigen Nachrangdarlehen. Im Bericht steht: “Insoweit könnte zu erwägen sein, dieses Ergebnis vorweg zu nehmen.” Die Frage ist allerdings, ob das der Branche wirklich hilft. Eine Aktiengesellschaft (AG) zu gründen, ist weiterhin sehr aufwendig, die Crowd-Branche hat deshalb für eine “AG-Light” plädiert. Die Evaluation lehnt diesen Schritt als unnötig ab.

“Unsere Branche tut mehr für den Investorenschutz, als das Gesetz verlangt“, sagt Karsten Wenzlaff, Geschäftsführer des Bundesverbandes Crowdfunding. So würden Anleger im Investitionsprozess mehrmals darauf hingewiesen, dass sie nicht zu viel ihres Geldes in ein Projekt stecken sollen. Da die Evaluation so lange gedauert habe, werde in dieser Legislaturperiode nichts mehr passieren. Dabei gebe es dringenden Handlungsbedarf, weil deutsche Start-ups beim Crowdfunding gegenüber britischen oder französischen benachteiligt seien; dort ist die Finanzierung über Aktien möglich.

Erschwerend kommt für Wenzlaff hinzu, dass die Bundesregierung ab 2019 wahrscheinlich ohnehin die geplante EU-Verordnung zur “Kapitalmarktunion” umsetzen muss, die weitere Erleichterungen bei der Prospektpflicht vorsieht. Deutschland bleibe bis dahin deutlich hinter anderen Ländern zurück und erschwere damit jungen Unternehmen das Wachstum.